WOMEN’S CYCLING GRAND PRIX Stuttgart und Region

Fotos: Arne Mill

Das Women’s Cycling Grand Prix Stuttgart & Region ist ein Tagesrennen für Frauen, das in diesem Jahr am 16. Juli 2023 in Stuttgart Premiere feierte. Bei dem UCI Rennen wurde ein internationales Starterfeld mit ungefähr 120 Fahrerinnen erwartet, die einen anspruchsvollen Kurs zu absolvieren hatten: Gefahren wurde eine ca. 105 km lange Strecke durch den Landkreis Ludwigsburg und Böblingen mit Finale auf vier Runden durch Stuttgart mit Zieleinfahrt an der Hohenstaufenstraße. Im Rennen waren rund 1400 Höhenmeter zu erklimmen, die ein spannendes Rennen versprachen. 

Mein Start beim Women’s Cycling Grand Prix und Dank an das Bundesliga Radteam „Wheel Divas“

Die Idee, dass ich beim GP mitfahren könnte, kam meinem Freund und Coach Bent in einem seiner Nachtdienste in der Kardiologie am Uniklinikum. Eine Woche vor dem Rennen. Wirklich sehr kurzfristig. Am nächsten Morgen erzählte er mir aufgeregt von seiner Idee und von dieser einmaligen Gelegenheit ein UCI Rennen mitzufahren zu können – und das quasi direkt vor der Haustür. Ein Problem gab es dabei jedoch: als Einzelstarterin ohne Team hatte ich keine Chance, am Grand Prix teilzunehmen. Bent schaute auf der Webseite des Veranstalters nach, welche Teams für das Rennen gemeldet waren. Neben einigen bekannten Profiteams durften auch ein paar deutsche Bundesliga-Teams fahren. Und so nahm Bent Kontakt auf und bekam vom Team «Wheel Divas» eine positive Rückmeldung: es war glücklicherweise noch ein Platz für eine Gastfahrerin frei. Ich wurde herzlich als Gastfahrerin aufgenommen, schickte direkt meine Lizenznummer und Daten ab und hatte meinen Platz im Rennen. Super! Einen großen Dank an das Team für diese kurzfristige Zusage.

Von Teambussen, Begleitfahrzeugen und mehr

Zuletzt war es bei der Rad DM, dass ich mir etwas verloren vorkam als Einzelstarterin zwischen so vielen Teams mit eigenen Bussen und umfassender Mannschaft dabei. Das sollte nun anders sein: dieses Mal kam ich in den Genuss, die Möglichkeiten eines professionell ausgestatteten Teams zu nutzen. Denn das Team bestand nicht nur aus uns Fahrerinnen, sondern auch aus der sportlichen Leitung, Radmechanikern, Physiotherapie, Fotograf, und und und. Während des Rennens gab es ein Begleitfahrzeug, das dem Peleton hinterher fuhr und das mir Wasser und Verpflegung aus dem Auto hätte anreichen dürfen. Und anders als beim Straßenrennen der DM hatte ich nun auch genug Helfer, die mir an der einen festen Verpflegungsstelle, ungefähr auf halber Strecke des Rennens, Flaschen anreichen konnten. Im Falle eines Defektes war auf dem Dach des Begleitfahrzeuges auch ein Ersatzfahrrad für mich dabei, das wir vor dem Rennen auf meine Maße eingestellt hatten und das mir während des Rennens zur Verfügung gestellt wäre. Wow!

Der Tag des Rennens

Ich schlüpfte in meinen neuen Team-Renneinteiler, schnappte mein Rad und ging zum Teambus. Startnummer anbringen, aufpumpen, Rad einladen und los ging es zum Start. Wir hatten einige „freie Rollen“ dabei, doch auf so etwas bin ich noch nie gefahren und weiß, dass das nicht ganz einfach ist beim ersten Mal. Also fuhr ich mich vor dem Start draußen warm, wie immer mit einem gemischten Programm, erst etwas locker, dann ein paar Minuten an der Schwelle und noch ein paar Antritte. 

An der Startlinie war ich aufgeregt. Ich ahnte, dass gleich zu Beginn das Tempo hoch sein würde und ich mich konzentrieren müsste auf meine Ziele, nämlich a) im Feld gut positioniert zu sein (und zu bleiben), b) vorne mitzufahren, um nicht vom Besenwagen eingesammelt zu werden und mit DNF das Rennen zu beenden, c) die Schlüsselstellen während des Rennens als Schlüsselstellen zu erkennen und zu meistern und wohl am wichtigsten: d) nicht zu stürzen oder mich zu verletzen. Diese Ziele sollten allesamt noch relevant werden.

Die ersten Kilometer

Der neutralisierte Start des Rennens war tatsächlich noch gemäßigt vom Tempo, es ging aber auch nicht viel schneller zu fahren auf der kurivigen Strecke, vorbei an den Gittern und den Zuschauern. Nach gerade einmal anderthalb Kilometer waren wir dann aber auch schon am scharfen Start und das Rennen ging los, die Zeit lief. Die erste Stunde des Rennens war hügelig, hier und da ein Anstieg, den ich aber gut fahren konnte. Allerdings war hier schon eines meiner Ziele, nämlich gut im Feld positioniert zu sein (und zu bleiben) eine große Herausforderung. Ich muss mich erst daran gewöhnen, in einem großen Peleton voller erfahrerer und leistungsstarker Fahrerinnen zurecht zu kommen und mich weder hinten raus drängeln zu lassen, noch vorne im Wind zu fahren. In der ersten Stunde musste ich hier und da kleinere Antritte leisten, meist aber nicht mehr als eine halbe Minute. Dieser Teil der Strecke war wirklich gut und hat Spaß gemacht. Es war aber auch anstrengend, sich permanent auf das Rennen zu konzentrieren, anders als bei einem Volkslauf, bei dem man einfach den Kopf ausschalten kann und „nur“ schnell rennen muss. 

Der Crash

Es wurden aber auch immer wieder Ellenbogen ausgepackt. Es hat mich zwischendurch etwas gestresst, wie im Feld teilweise gedrängelt wurde. Immer mal wieder gab es Situationen, die ich unangenehm fand. Nach ungefähr 70 Minuten im Rennen, wir waren zu dem Zeitpunkt kurz vor Kilometer 44, war das Feld zwar schon etwas kleiner, da die ersten Fahrerinnen bereits abgehängt worden waren, aber wir fuhren immer noch in einer sehr großen Gruppe auf einer eher schmalen Straße. Ich sah, wie die Fahrerinnen vor mir plötzlich ins Schlendern gerieten und hektische Bewegungen machten, dabei schob eines der Hinterräder mein Vorderrad ein Stück zur Seite, was mich aus der Balance brachte. Ich stürzte. Alles ging sehr schnell. Ich weiß auch gar nicht genau, wie genau ich eigentlich gestürzt bin. Dem Loch an meinem Einteiler und meiner Ablederungsverletzung am linken Beckenkamm zufolge bin ich auf die linke Seite gestürzt, habe aber auch auf der rechten Körperseite Blessuren gehabt. In dem Moment war das alles aber halb so wild. Ich hatte keine Schmerzen, alles war soweit in Ordnung. Ein kurzer Blick auf mein Rad: alles intakt. Ich sammelte schnell meine Sonnenbrille auf, setzte sie wieder auf, stieg auf mein Rad, schaltete zurück auf einen sinnvollen Gang und gab Vollgas, um zurück zum Peleton zu fahren, das zwischenzeitlich natürlich weiter gefahren war. Das kostete mich ein paar Körner. Aber alles in allem kostete mich der Sturz zumindest kaum Zeit, vielleicht 20 Sekunden, entsprechend hatte ich eine gute Chance, die Lücke wieder zu zu fahren. Nach knapp einer Minute Vollgas war ich also wieder im Feld mit dabei. Aber ich war auch verunsichert. Einen Sturz zu vermeiden stand schließlich ganz oben in meinen Zielen und Vorsätzen. Das muss nicht wieder sein. Im weiteren Rennverlauf fuhr ich mit noch mehr Aufmerksamkeit und hier und da auch etwas mehr Sicherheitsabstand, was in Feld aber eher dazu führt, dass man hinten raus fällt, weil sich die anderen Fahrerinnen in die kleinen Lücken schieben.

Verpflegung versus Renntaktik

Ungefähr bei Kilometer 55 ließ ich mich im Feld nach hinten fallen, hob meine Flasche, sodass die Rennleiter im erste Auto hinter dem Feld sehen, um per Funk meinem Teamfahrzeug mitzuteilen, vorzufahren, damit ich eine neue Flasche zu trinken bekomme. Dieses Procedere kannte ich bislang nur vom Zuschauen bei Radrennen im Fernsehen. Mir wurde aber auch noch einmal vor dem Rennen vom Team gesagt, wie das Ganze abläuft. Leider war mein Timing für diese Aktion denkbar ungünstig. Die Straße war relativ schmal, sodass das Teamauto nicht direkt zu mir vorfahren konnte, ich musste aber natürlich die ganze Zeit hinten im Feld auf das Auto warten. So vergingen ein paar Minuten und Kilometer und ich steckte hinten im Feld fest. Ich merkte zu spät, dass nun eine der Schlüsselstellen des Rennens bereits begonnen hatte, nämlich der Hauptanstieg von Gerlingen aus mit bis zu 15 % Steigung hinauf zur Schillerhöhe. Also brach ich die Aktion ab und investierte lieber, um wieder nach vorne zum Hauptfeld zu kommen. Das hat auch sehr gut geklappt und im Nachhinein ärgere ich mich etwas, dass ich an dieser Stelle von zu weit hinten in den Berg gefahren bin. Wer weiß, ob das Rennen dann alles ausgegangen oder zumindest auf dem nächsten Stück weiter verlaufen wäre.Wieder was gelernt fürs nächste Rennen. 

Die finalen Runden durch Stuttgart

Die zweite Rennhälfte sind wir gut zusammen gefahren, sodass wir irgendwann wieder statt einzelner kleiner Gruppen wieder eine große Gruppe gebildet hatten, mit der wir in den finalen Rundkurs in Stuttgart einfuhren. Den 5-km-Rundkurs gab es insgesamt vier mal zu fahren, pro Runde mit insgesamt 80 Höhenmetern und der ein oder anderen scharfen Kurve. Die Stimmung war genial, überall standen Leute, feuerten an, es war laut, die Sonne schien, eine wirklich unvergessliche Kulisse. Die Ausreißergruppe war bereits ein gutes Stück vor uns und machte das Rennen unter sich aus. Ich versuchte, in meiner großen Gruppe bleiben, doch der Kurs bereitete mir etwas Schwierigkeiten. An den Anstiegen konnte ich gut vorne im Feld mitfahren beziehungsweise wieder auffahren, nachdem ich in den schnellen Bergabpassagen immer wieder eher nach hinten zurückfiel und auch die eine oder andere Lücke aufging. Ich merkte, dass mir der Rundkurs nicht lag, gab aber trotzdem mein Bestes. Im Hinterkopf blieb aber auch der Sturz präsent, der mich beim Fahren verunsicherte. 

Auf der letzten Runde spaltete sich das Hauptfeld wieder in einzelne Gruppen auf. Mit einer kleineren Gruppe von sechs Fahrerinnen näherte ich mich der Ziellinie. Es kam zum Schlusssprint und ich kam als insgesamt 34. Fahrerin ins Ziel.

Resumée

Das Rennen war voll von Erlebnissen und neuen Erfahrungen. Wie steht es um meine Ziele? Das Ziel, gut positioniert zu sein (und zu bleiben), habe ich gut gemacht, auch wenn ich hier sicherlich mit mehr Erfahrung noch deutlich besser werden kann. Das zweite Ziel, das ich mir gesetzt hatte, nicht vom Besenwagen eingesammelt zu werden, habe ich auf jeden Fall zu meiner großen Freude erfüllt – und auch zur Freude des Teams. Von allen Starterinnen kamen 42 ins Ziel, der Rest wurde herausgenommen, weil sie das Zeitlimit nicht erfüllt hatten. Ich kam in meiner Sechsergruppe etwas mehr als 1 Minute nach der Siegerin Elena Pirrone aus Italien (UCI World Tour Team Israel Premier Tech Roland) in einer Gesamtzeit von ca. 2:41 Stunden ins Ziel. 

Ich freue mich schon auf mein nächstes Radrennen, denn Eines steht fest: das wird nicht mein letztes Rennen gewesen sein.

Ergebnisliste

Dämmermarathon Mannheim: Platz 1 und Sub 3 Stunden!

Der Mannheimer Marathon ist ein Wettkampf, mit dem ich viele Erinnerungen verbinde. 2022 wollte ich unbedingt wieder teilnehmen. Und es hätte kaum schöner sein können.

Ort Mannheim, Deutschland
Zeit / Platz 2:57:18 / 1st

Weltmeisterin im Langdistanz-Duathlon 2021!

Wie ist die Idee für die WM-Teilnahme entstanden? Wie habe ich mich vorbereitet? Wie lief das Rennen? In diesem Beitrag teile ich meine Erlebnisse rund um den Powerman in Zofingen!

Ort Zofingen, Schweiz
Zeit / Platz 7:07.27 / 1ST