Die diesjährige Deutsche Meisterschaft im Mitteldistanz-Duathlon fand im Rahmen des Powermans in Alsdorf statt. In einem spannenden Rennen über ca. 10 km Laufen, 60 km Radfahren und nochmal ca. 10 km Laufen konnte ich den Zweiten Platz erreichen und mich nun Deutsche Vizemeisterin nennen.
Der erste Lauf (ca. 10 km): „Kontrolliertes Überpacing“
Wie schon befürchtet, startete der erste Lauf in einem absurd schnellen Tempo. Auf ersten paar Hundert Meter, in denen noch alle (inklusive des Männer-Elitefeldes) zusammen waren, hatte meine GPS-Uhr von 3:20 oder 3:30 min/km angezeigt. Viel zu schnell. Schließlich würde das Rennen fast 3 Stunden dauern. Daher hatte ich mir eigentlich vorgenommen, eher ein Tempo in Richtung Halbmarathon-Renntempo anzugehen, um die 3:50 min/km, nicht schneller jedoch als 3:45 min/km. Andererseits wollte ich keine zu große Lücke auf die Spitzenpositionen aufgehen lassen. So kam es, dass ich schon nach dem ersten Kilometer an fünfter Position war und circa 10 Sekunden Abstand auf Platz 3 und 4 hatte. Dennoch wollte ich, dass die Lücke nicht mehr viel größer wird während des Laufes und ich hatte meine Mitstreiterinnen so eingeschätzt, dass sich das Tempo nach ein paar Kilometern beruhigen würde. Es gab ein bisschen Dynamik vor mir im Feld und die Zweite ist im Tempo zurückgefallen, sodass ein Grüppchen mit Platz 2-4 ein paar Meter vor mir lief. Ich dachte, dass ich in den nächsten Minuten auf die Gruppe auflaufen würde. Tatsächlich blieb die Lücke dann über die gesamten 10 Kilometer circa 5-10 Sekunden groß, sie wurde also zumindest nicht größer. Aber eben auch nicht kleiner. Nach 4 kurvigen Runden mit sehr wechselhaftem Untergrund lief ich in die Wechselzone.
Wechselzone 1: „Sekunden aufholen“
Schnelle Wechsel hatte ich zuletzt in Birmingham bei den World Games geübt. Aber alles lief glatt und ich hatte sogar die schnellste Wechselzeit von allen. Schnell zum Rad rennen (die Wechselzone ist keine Pause!!!), Helm aufsetzen, schließen, Rad schnappen und schnell zur Mountline rennen, auf das Rad hüpfen, in die Pedale treten und sobald man auf Tempo ist, in die Schuhe schlüpfen, die ich vor dem Rennen am Rad befestigt hatte. Und so schnell kann’s gehen – schon waren wir eine Gruppe aus Platz 2-5, die 10 Sekunden Lücke aus dem Lauf hatte ich geschlossen.
Rad: “Klein machen und Gas geben”
Vor mir konnte ich das Spektakel einer Gruppenfahrt beobachten. Das hat mich sauer gemacht. Im Triathlon und im Duathlon ist Windschattenfahren verboten und diese Regel wird immer wieder ignoriert. Die Kampfrichter machen beide Augen zu. Das war mir zu blöd. Ich wusste um meine Stärken auf dem Rad, also trat ich etwas kräftiger in die Pedale und arbeitete mich auf Position 2 vor. Beim Vorbeifahren an den anderen Athletinnen schrie ich laut: „NO DRAFTING!!! KEIN WINDSCHATTEN!!!“. Ich probierte mich so schnell wie möglich von der Gruppe abzusetzen um mein eigenes Ding zu machen.
Das hat geklappt. An den Wendepunkten konnte ich sehen, wie die Lücke nach hinten größer wurde. Dennoch war ich nervös – mein Wattmesser zeigte mir gut 15 Watt weniger an, als das, was meine Zielpace war. Hatte ich mich überschätzt? Ist meine Radform doch noch nicht wieder so gut wie gedacht? Liegt mir der Heidelberger Halbmarathon vor sieben Tagen (inklusive stolzem Muskelkater Anfang der Woche) noch zu sehr in den Beinen? War es der Infekt der letzten Wochen? Egal. Kopf runter, klein machen, das Beste rausholen, was eben geht. Denn meinen Vorteil mit guter Radposition und Aerodynamik ist auf einer solchen Strecke nicht zu unterschätzen gewesen.
Die Strecke war super. Über breite, perfekt asphaltierte, saubere Bundesstraßen, die für das Event komplett gesperrt wurden. Genial! So konnte ich auch trotz einiger fehlender Watt immerhin einen 39 km/h-Schnitt fahren (knapp 60 Kilometer, ca. 340 Höhenmeter). Ich fuhr mit einer Minute Vorsprung zur zweiten Wechselzone. Kurz vorher schlüpfte ich schon aus meinen Radschuhen, sodass ich gleich einen schnellen Wechsel abliefern könnte, wie ich es geübt hatte.
Wechselzone 2: „Anfängerfehler“
Ajajaj auf die zweite Wechselzone bin ich alles andere als stolz. Das war Mist, den ich da fabriziert habe. Erst wäre ich beinahe über die Dismountline gefahren und wäre um ein Haar nicht rechtzeitig vom Rad abgestiegen. Das hätte mich bittere Strafsekunden kosten können. Etwas gestresst rannte ich zu meinem Fahrradstellplatz. Oder irgendwo grob in diese Richtung, weil ich musste erst einmal nach meinem Platz mit meinem Namen Ausschau halten. Aber das war noch okay und hat mich wahrscheinlich nicht relevant Zeit gekostet. Angekommen an meinem Platz wollte ich mein Rad in die Halterung stellen. Ging aber nicht. Mein Schuh, der ja noch an der Pedale festgeklickt war, hatte sich in der Box verhakt, in der alle Sachen (Laufschuhe, Helm, etc.) hineingelegt werden müssen. Nach etwas Ruckeln dachte ich, das Rad wäre drin. Nein, stattdessen kippte es mit einem lauten Scheppern um. Oh je. Aufheben, neu in die Halterung stellen. Ging immer noch nicht, wieder war der Schuh im Weg, also kurz an den Pedalen drehen bis es passte. Puh. Dann fix den Helm absetzen und bloß nicht vergessen, ihn in die Box zu legen (auch das wäre ein Regelverstoß). Schnell in die Schuhe schlüpfen und losrennen.
Der zweite Lauf: „ein gutes Pferd springt nur so hoch es muss?“
Ich rannte los und raus aus der Wechselzone. Meine Beine fühlten sich wacklig an. Aber das kenne ich schon, meistens fühlt sich das Laufen nach intensivem Radfahren irgendwie „unrund“ an, aber trotzdem kann ich dann noch ein solides Tempo laufen. Heute nicht. Ich mühte mich ab, irgendwie noch einen Viererschnitt abzuliefern, aber ich tat mich schwer. Andererseits wusste ich, dass ich auf Platz 1 keine Chance mehr hatte und dass Platz 3 diese Minute Abstand erstmal aufholen müsste. Also machte ich das Beste draus und stolperte die knapp 10 Kilometer irgendwo um die 4:06 min/km vor mich hin. Ich merkte, dass die Dritte etwas näher kam, aber nicht so viel näher, dass das noch gefährlich werden würde.
Die vier kurvigen Laufrunden waren schier endlos. Ich freute mich, als ich auf die letzte Runde einbog. Gleich geschafft. Nach 2:47:21 Stunden war das Rennen vorbei und ich lief erschöpft, aber mit einem Lächeln und bei strahlend blauem Himmel über die Ziellinie.
Ich wurde in Empfang genommen von den Veranstaltern, die Presse kam, ich wurde beglückwünscht und die Dopingkontrolleurin hat mich auch direkt nicht mehr aus den Augen gelassen. Erst, wenn man seine Probe (Urin und/oder Blut) abgegeben hat, lassen sie einen wieder gehen. Ich war froh, als das dann alles vorbei war, ich aus meinem verschwitzen Einteiler raus konnte und frisch geduscht zur feierlichen Siegerehrung ging.
Ich werde sicherlich gerne an diesen Tag zurückdenken. Allen Veranstaltern und Helfern einen großen Dank!