Fotos: Fabian Weiser
Der Renntag mit Last Minute Defekt am Zeitfahrrad
Die Vorbereitungen für die diesjährige Deutsche Meisterschaft im Einzelzeitfahren waren abgeschlossen und am Morgen des Rennens fuhr ich nach Bad Dürrheim, um meine Startunterlagen abzuholen. Dann weiter nach Donaueschingen zum Start. Auf dem Parkplatz standen schon diverse Team-Busse der Profiteams, Mechaniker schraubten an den Team-Rädern, die ersten Fahrer fuhren sich schon auf der Rolle warm. Mal wieder fühlte ich mich inmitten all dem Trubel, als Einzelfahrerin umgeben von professionell anmutenden Fahrern in Teamtrikots, irgendwie klein. Ich blickte mich um und sah glücklicherweise ein, zwei bekannte Gesichter und fühlte mich nicht mehr allein.
Als ich dann mein Rad aus dem Kofferraum holte und aufpumpen wollte, kam dann aber die fiese Überraschung in letzter Minute. Was gestern noch einwandfrei funktionierte, ging heute nicht mehr – mein Vorderrad ließ sich nur noch auf 1 Bar aufpumpen. Nervös fragte ich nach Hilfe. Der hilfsbereite Mann stellte sich später als Vater von Laura Süßemilch heraus – der mir nicht nur kompetent, sondern auch sehr freundlich half, den zugrundeliegenden Fehler zu finden, zu beheben und mein Rad startklar zu bekommen. Danke!
Das Rennen
Warmgefahren, bereit für den Start, umgezogen im Aero-Renneinteiler mit Aero-Überschuhen und mit Startnummer auf den Rücken gepinnt ging ich in Richtung Startrampe. Dort musste ich mein Rad noch einchecken und vermessen lassen, ob es den UCI-Regularien entspricht.
Ich startete um 15:37 Uhr, als Zehntletzte, entsprechend der Platzierungen aus dem Vorjahr in umgekehrter Reihenfolge. Der Ablauf war mir mittlerweile bekannt: direkt nach dem Start meiner Vorgängerin durfte ich auf die Startrampe, setze mich auf das Rad, werde durch einen Helfer festgehalten und ein anderer Helfer zählte den Countdown runter.
3, 2, 1, LOS!
Die ersten zwei Kilometer des Rennens waren unrund. Ich war unkonzentriert und fühlte mich unsicher. Die Strecke durch die Innenstadt fuhr ich also etwas verhalten und ärgerte mich über mein Fahren. Schließlich zählt es JETZT so schnell wie möglich die Strecke zu fahren. Ich probierte mich zusammenzureißen, doch auch auf den folgenden Kilometern über die kurvigen Feldwege fühlte ich mich weder kraftvoll, noch schnell. Subjektiv hatte ich das Gefühl, in jeder Kurve zu viel abzubremsen, zu wenig aerodynamisch zu sein und zu viel Zeit liegen zu lassen. Dass meine Zwischenzeiten auf dem ersten Teil gut waren, wusste ich zu dem Zeitpunkt nicht.
Irgendwann war ich eingefahren und fuhr mit mehr Sicherheit und mehr Selbstbewusstsein. Aber das schlechte Gefühl der ersten Kilometer war weiterhin in meinem Hinterkopf. Dass mein Garmin dann permanent weniger Watt anzeigte, als ich mir eigentlich vorgenommen hatte und auch als ich mir zutraute, verunsicherte mich wieder. „Reiß dich zusammen! Mach dich klein! Tritt! Gib alles! Mehr Watt!“ ging mir durch den Kopf.
Als ich mich auf Sichtweite der Fahrerin näherte, die eine Minute vor mir gestartet war, trieb mich noch einmal an. Das Heranzufahren oder sogar Überholen war also das nächste Ziel, das im Einzelzeitfahren gut motivieren kann. Zunächst blieb der Abstand aber noch konstant.
Dann wurde ich überholt von Mieke Kröger, die eine Minute nach mir gestartet war, wieder also ein Auf und Ab der Gefühle mit einer Mischung aus Zweifel und Motivation. Dass Mieke Kröger auf Siegeskurs war und später zur deutschen Meisterin wurde, konnte ich natürlich nicht wissen oder abschätzen. Dennoch probierte ich, die Lücke klein zu halten.
Die Strecke gefiel mir, vor allem die letzten 12 km mit drei Anstiegen hintereinander. Die Anstiege waren zwar nicht so steil, was mir eigentlich gut liegt, aber ließen sich gut fahren. Auch die Abfahrten fielen mir leichter als im Vorjahr, auch wenn hier noch Potential ist, an dem ich arbeiten kann. Vielleicht wäre eine andere Übersetzung auch sinnvoll gewesen, da mir auf den Abfahren bei dem hohen Tempo irgendwann die Gänge ausgingen.
Den letzten Kraftschub habe ich dann auf den letzten paar Hundert Metern vor der Ziellinie gezündet, um die Fahrerin vor mir doch noch zu überholen. Hatte ich da doch noch Reserven, die ich lieber vorher im Rennen hätte mobilisieren sollten? Keuchend vor Anstrengung rollte ich über die Ziellinie nach knapp unter 47 Minuten Vollgas.
Das Ergebnis: Platz 11
Platz 11 bei der Deutschen Meisterschaft in einem starken Feld voller erfahrener, starker Konkurrentinnen aus Profiteams und Olympiateilnehmerinnen. Da bin ich stolz drauf.
Dennoch ein Ergebnis und mit Blick auf die Zahlen eine Leistung, mit der ich nicht ganz zufrieden bin. Wie 2022 schon so knapp an der Top-10 vorbeizufahren, nicht mal zwei Sekunden zu langsam gewesen zu sein und damit mein Ziel an das Rennen verfehlt zu haben, tut etwas weh. Ich weiß um meine Stärke und denke rückblickend, ich hätte mehr Leistung bringen sollen und können. Aber das denken sich wahrscheinlich viele nach dem Rennen und man hört nicht selten Sätze wie: „eigentlich kann ich mehr“, „eigentlich bin ich stärker“, „ich bin nicht meine volle Leistung gefahren“. War es also einfach nur ein nicht ganz optimaler Tag? Nicht die optimale Stecke für mich? Oder überschätze ich meine Leistung? Wie es auch sei, ich bleibe dabei: Ein gutes Ergebnis, auf das ich stolz bin und ich freue mich schon jetzt auf die nächsten Einzelzeitfahren.
Vielen Dank an den RSV Heidelberg für die Unterstützung, es ist sehr schön einen engagierten lokalen Verein mit hilfsbereiten Ansprechpartnern zu haben.