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Spontane Planänderung der Frühjahrssaison 2022
Die Frühjahrssaison 2022 lief etwas anders als geplant. Denn die ungeplante mehrwöchige Pause in meinem Frühjahrstrainingsblock war unschön. Nicht nur, weil mir mein tägliches Training fehlte, sondern auch, weil dadurch meine Planung für Saison 2022 dadurch völlig durcheinander geriet: Sowohl die Weltmeisterschaft im Duathlon (Mitteldistanz) als auch die Europameisterschaft musste ich schweren Herzens absagen.
Neue Ziele mussten her – und da hatte ich gleich zwei geeignete Veranstaltungen direkt vor der Haustür: den Heidelberger Halbmarathon oder den Mannheimer Marathon. An beiden Veranstaltungen teilzunehmen ging jedoch nicht, das wäre trainingstechnisch und verletzungspräventiv nicht sinnvoll. Also musste ich mich entscheiden – und ich habe mich für den Mannheimer Dämmermarathon entschieden.
Meine persönlichen Ziele für den Dämmermarathon
Wie mein guter Freund und Trainingspartner Michael es formulierte: „Merle hat noch eine Rechnung mit Mannheim offen“. Was er damit meinte: zwei Mal war ich in Mannheim gelaufen, beide Male knapp über drei Stunden (03:01 und 03:02 Stunden). Die 3-Stunden-Marke musste natürlich fallen. Die habe ich zwar schon mehrfach geknackt (PB: 2:51:30 Std.), aber eben noch nicht in Mannheim. Und das war auch mein Ziel für den Marathon. Ich wollte als Tempo zwischen 04:10 und 04:15 min/km angehen, was einer Zielzeit zwischen 2:55 und 3:00 Stunden entspricht und für meine derzeitige Form realistisch war. Mein zweites Ziel: ein gleichmäßiger Lauf, bei dem die zweite Hälfte konstant schnell ist wie die erste Hälfte, ohne „einzugehen“ und leidvoll der Ziellinie entgegen zu laufen. Na klar, das dritte Ziel: den Marathon so gut es eben geht genießen, Spaß haben.
Der Marathon selbst
Ich hatte am Marathon-Tag großartige Unterstützung von Michael, der sich wie in München bereit erklärte, den Marathon gemeinsam mit mir in meinem Tempo zu laufen. Er lief wie ein Metronom, die ersten 25 km gingen wie von selbst, wir waren sogar noch fröhlich am plaudern. Das Tempo mit 4:10 min/km hat er super vorgelaufen, sodass ich „nur“ nebenher bzw. hinterher laufen musste. Wir hatten auf dem ersten Stück sogar noch ein kleines Grüppchen an Läufern, die sich uns angeschlossen hatten (mit der Zeit wurde die Gruppe dann dünner…).
Am Kilometer 25 wurde es dann etwas anstrengender und nicht mehr ganz so leichtfüßig, die Gespräche wurden auch weniger. Aber es lief weiterhin super. Ich konzentrierte mich, das Tempo zwischen 4:10 und 4:15 weiterhin zu halten. An den Verpflegungsstellen trank ich so gut es geht Wasser, ein nicht ganz leichtes Unterfangen bei dem Tempo, doch 3 Stunden bei dieser Intensität (und Hitze!!) nichts zu trinken, wäre fatal gewesen. Auch hatte ich meine Gels, die ich alle 8–10 km zu mir nahm. An zwei der Verplfegungsstellen bekam ich sogar eine Wasserflasche, die ich vorher meinem ehemaligen MTG-Trainer Christian gegeben hatte und eine von Bent, der mit dem Rad an die Strecke kam. Denn es macht einen großen Unterschied, ob man sich das Wasser aus dem Becher während des Laufens halb überschüttet und hofft, den einen oder anderen Schluck trinken zu können, oder „in Ruhe“ einen Schluck aus einer Flasche mit Sportverschluss trinken zu können. Denn nach wie vor bin ich keine Meisterin im Trinken aus Bechern bei Wettkämpfen. Aber so hat’s funktioniert.
In Seckenheim war eine grandiose Stimmung! Überall Leute, die anfeuerten, tanzten, Musik aufdrehten! Es ist nicht übertrieben, wenn ich erzähle, dass mir das an dem einen oder anderen Punkt sogar Gänsehaut bereitete.
Wie im Film war dann die Kulisse an der breiten Seckenheimer Landstraße, die Sonne stand so tief, wie liefen ihr entgegen, sie schien in unser Gesicht und der Himmel färbte sich bunt. Eine unbeschreibliche Stimmung.
Mit der Dämmerung, Kilometer für Kilometer wurde ich dann müder. Die berühmte und gefürchtete „Wand“ bei Kilometer 35 blieb mir zwar verschont, dennoch wurde das Laufen auf den letzten Kilometern schmerzhaft. Die fehlenden langen Läufe in meiner „Marathon-untypischen Marathon-Vorbereitung“ merkte ich dann doch. Aber unser Tempo blieb trotzdem weiterhin unter 4:15 min/km. Es war auch gar kein Druck da, ich musste das Ding ja nur noch „nach Hause“ bringen, sollte nicht ganz schlimm etwas schief gehen, war die Zielzeit unter 3 Stunden sicher, das rechnete ich immer wieder hoch. Schnell verbringt man an diesem Punkt des Marathons die Gedanken mit Kopfrechnen: Wenn ich jetzt die letzten 5 (5,2) km selbst nur noch im 5:00 min/km Schnitt laufe, sind das genau noch 26 Minuten, bis ich das Ziel erreiche, kurz addieren mit der bereits gelaufenen Zeit, schon weiß man, dass nicht mehr viel schief gehen kann. Zweite Rechenaufgabe, die letzten 4 (4,2) km mit 4:30 min/km, das sind knapp 19 Minuten. Passt. Auch so kann man sich beim Laufen auf den letzten Kilometern von den Schmerzen ablenken.
Die letzten Kilometer
Die letzten Kilometer lief ich in der Dunkelheit. Das ich eben der Dämmermarathon. Ich erinnere mich, dass es das letzte Stück durch die Mannheimer Innenstadt allerdings in sich hatte. Einige fiese Kurven und sogar eine 180°-Kurve, die mich beinahe zu Fall brachte. Eine Brücken-Unterführung, die mich aus dem Rhythmus brachte. Dieses letzte Stück erinnerte mich doch Start an die „alte“ Strecke des Mannheimer Marathons, die über diverse Brücken nach Ludwigshafen und wieder zurück führte. Eigentlich war ich froh, dass mir diese Brücken und dieser Schlenker erspart blieb und ich stattdessen in diesem Jahr zwei Runden durch Mannheim bis nach Seckenheim laufen konnte.
Irgendwann kam dann der letzte Kilometer. Das Highlight daran ist definitiv das allerletzte Stück, das noch einmal um den schönen Mannheimer Wasserturm führte, an den Zuschauern vorbei und dann durch den Zielbogen. Nach 2:57:18 Stunden kam ich glücklich ins Ziel.
Ziel erreicht?
Ja! Definitiv. Wie schon die Presse geschrieben hatte: „Merle Brunnées Plan geht auf“. Ich habe alle drei Ziele erreicht: die Zielzeit 2:57:18 Std. mit gutem Puffer unter 3 Stunden, eine Pace von 4:12 min/km und damit genau im Zielbereich, ein gleichmäßiger Lauf auch auf den letzten Kilometern und genießen konnte ich es auch.
Und ich wurde Erste! Ich denke gerne an diesen Tag zurück.